Trotz chronischer Lungenerkrankung in den Bergen Urlaub machen? Prinzipiell geht das, wenn auch nur mit guter Vorbereitung und dem adäquaten therapeutischen Equipment im Gepäck. Einigen Patienten sollte man allerdings doch besser von einem Höhenaufenthalt abraten.
Selbst gesunden Flachlandtirolern macht der Aufenthalt in großen Höhen zu schaffen. Ab 1500 m drohen Schlafstörungen und in den ersten Nächten eine periodische Atmung mit Hypoxie. Die FEV1 nimmt ab. Außerdem verengt die hypobare Hypoxie die kleinen Lungenarterien, sodass es zum Anstieg des Pulmonalarteriendrucks kommt.
Erhebliches kardiovaskuläres Risiko für Schlafapnoiker
In Höhen über 3000 m entwickeln bis zu 50 % der Tiefländer eine akute Höhenkrankheit, die bis zum höhenassoziierten Hinrödem führen kann. Ein nicht-kardiogenes Höhenlungenödem wurde auf 4559 m bei 2–4 % aller Bergsteiger beobachtet. Unterhalb von 3500 m ist es dagegen sehr selten, schreiben Dr. Tsogyal Daniela Latshang, Kantonsspital Graubünden, und Professor Dr. Otto Dagobert Schoch, Kantonsspital St. Gallen.
Dass Lungenkranke, die schon im Tiefland eine gestörte Ventilation und einen beeinträchtigten Gasaustausch aufweisen, in der Höhe besondere Risiken haben, liegt da auf der Hand. Deshalb sollten sie je nach Grunderkrankung entweder gar nicht oder nur gut vorbereitet in die Berge starten.
Unbehandelten Schlafapnoe-Patienten droht bereits bei einem Aufenthalt in Höhen bis zu 2590 m ein erhebliches kardiovaskuläres Risiko. Dies ergibt sich aus einer kontrollierten prospektiven Studie, in der man bei den Teilnehmern eine ausgeprägte nächtliche Hypoxie, eine vermehrte höheninduzierte periodische Atmung mit vermehrten zentralen Atempausen und Schlafstörungen nachwies. Der Blutdruck der Patienten nahm zu, sie entwickelten Beinödeme und vermehrt kardiale Arrhythmien.
Daraus ergibt sich, dass Schlafapnoe-Patienten in der Höhe unbedingt nachts die CPAP-Therapie einsetzen sollten. Falls das etwas sperrige Gerät im Gebirge stört oder evtl. der Strom auf der Hütte fehlt, kann der Patient alternativ auf eine individuell angepasste Unterkieferprotrusionsschiene ausweichen. Deren Wirksamkeit muss allerdings vorher nachts durch eine respiratorische Polygraphie überprüft worden sein.
Am besten wird die CPAP bzw. das Tragen der Protrusionsschiene mit der Gabe von Acetazolamid in einer täglichen Dosis von 500–750 mg kombiniert, um das Risiko für obstruktive und zentrale Apnoen zu reduzieren.
Schon ab 1500 m Höhe sinkt bei Patienten mit chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) der Sauerstoffpartialdruck deutlich ab. Besonders gefährdet scheinen jene mit verminderter körperlicher Leistungsfähigkeit, niedriger FEV1 und niedrigem paO2-Ausgangswert zu sein.
Eine randomisierte und kontrollierte Studie mit 40 COPD-Patienten der GOLD-Grade 2 und 3, die in moderater Höhe von 1650 bis 2590 m durchgeführt wurde, deutet darauf hin, dass nicht nur die hybobare Hypoxie und die Atemwegsobstruktion zur paO2-Abnahme führen, sondern auch eine auf 2590 m reduzierte Diffusionskapazität für Kohlenmonoxid. Alles zusammen führt zur Leistungsintoleranz der Kranken, schreiben die schweizer Kollegen. Sie weisen außerdem darauf hin, dass wissenschaftliche Daten zum Aufenthalt von COPD-Patienten in Höhen oberhalb 3048 m fehlen.
Dr. Latshang und Dr. Schoch raten, individuell zu beurteilen, ob ein Höhenaufenthalt dem Patienten potenziell gefährlich werden kann. Zu messen sind FEV1, paO2 und körperliche Leistungsfähigkeit im Tiefland, am besten mit der Ergospirometrie. Zeigt der Kranke paO2-Werte unter 7,3 kPa (55 mmHg) oder eine Desaturierung während des Belastungstests, sollte er für die Dauer des Höhenaufenthalts Sauerstoff verordnet bekommen. Der Nikotinverzicht ist für alle COPD-Kranken Voraussetzung für die Fahrt in die Berge.
Hat ein COPD-Patient bereits eine sekundäre pulmonale Hypertonie entwickelt, besteht für ihn die große Gefahr, beim Höhenbergsteigen ein Höhenlungenödem und akutes Rechtsherzversagen zu entwickeln. Er sollte daher besser im Flachland bleiben. Erscheint ein Aufenthalt in großer Höhe unumgänglich, sollte der Kranke prophylaktisch 20 mg retardiertes Nifedipin zweimal täglich einnehmen.
Asthmatiker mit gut kontrollierter Erkrankung dürfen ohne große Einschränkungen in die Berge. Bei ihnen scheint sogar ein Aufstieg bis zu 5000 m möglich. Ihre übliche Medikation sollten sie dabei selbstverständlich weiterführen. Starke körperliche Belastungen bei trockener Kälte sind allerdings zu vermeiden, da dies Asthmaanfälle auslösen kann. Einen gewissen Schutz bieten über Mund und Nase gelegte Tücher, um die Einatemluft zu befeuchten und zu erwärmen. Sicherheitshalber sollte der Asthmatiker sein Notfallspray immer parat haben.
Nicht ausreichend eingestellte Asthmapatienten sind vor einem Trip in die Berge eindringlich zu warnen, denn immer wieder kommt es bei ihnen in größerer Höhe zu schweren Asthmaanfällen. So gaben 32 von 203 Asthmatikern an, während der Reise in Bergregionen die schlimmste Attacke ihres Lebens erlitten zu haben. Besonders betroffen waren erwartungsgemäß diejenigen, die mindestens dreimal pro Woche ihre Bedarfsmedikation benötigt hatten.
Höhenbergsteigen birgt ein großes Risiko für Patienten mit pulmonaler Hypertonie, da es zur exzessiven hypoxisch bedingten pulmonalen Vasokonstriktion, zur endothelialen Dysfunktion, verschlechterter Hämodynamik im Lungenkreislauf und zu schwerer Hypoxie kommen kann. Auch sind höhenassoziierte Lungenödeme bekannt.
Will der Kranke auf einen Höhenaufenthalt nicht verzichten, sollte er zusätzlich zur bisherigen bzw. intensivierten medikamentösen Behandlung Sauerstoff erhalten. Patienten mit den NYHA-Funktionsklassen 3–4 und einem paO2 ≤ 60 mmHg dürfen nur mit Sauerstoff in Höhen über 1500–2000 m reisen.
Quelle: Latshang TD, Schoch OD. Ther Umsch 2017; 74: 555-562
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