EU-Plastikverbot tritt in Kraft: „Nicht von Greenwashing blenden lassen“

2023-01-05 16:18:46 By : Ms. Nancy Wang

Nun gilt das Verbot für Plastikgeschirr und Strohhalme in der EU wirklich. Mit dieser (Alibi-)Regelung soll es mehr Umweltschutz geben.

Brüssel – Beim Grillen, auf einem Jahrmarkt oder in der Eisdiele: Viele Lebensmittel gibt es in Einwegverpackung – meist aus Plastik. Ab dem 3. Juli ist damit Schluss. Zwei Verordnungen regeln den Umgang mit Eislöffel, Plastikstrohalm & Co. Die eine verbietet europaweit die Herstellung zahlreicher Plastikprodukte, die andere belegt einige Produkte mit einer Kennzeichnungspflicht, so die Verbraucherzentrale NRW. Betroffen sind auch To-Go-Getränkebecher und Fast-Food-Verpackungen aus Styropor. Nicht betroffen sind Lebensmittelverpackungen.

Und wie bei vielen Regeln der EU – keine Regel ohne Ausnahme. Weiterhin erlaubt sind Hygieneprodukte wie Tampons, Binden und Feuchttücher, aber auch die Filter von Zigaretten. Diese Produkte müssen künftig in der EU mit einem Warnhinweis für Wegwerfplastik gekennzeichnet werden. Hier soll explizit auf die Umweltauswirkungen hingewiesen werden. Einfach gesagt: Die Ausnahmen gelten für alle Produkte, für die es keine umweltfreundlichen Alternativen gibt. Händler und Restaurants dürfen aber Restbestände weiter ausgeben – damit diese nicht unbenutzt im Müll landen.

Bleibt die Frage, ab wann die Masse an umweltfreundlichen Alternativen ausreicht. Für den Einweg-Getränkebecher anscheinend noch nicht. Dieser ist weiterhin erlaubt, berichtet der Bayrische Rundfunk. „Da allerdings nur Einwegkunststoffprodukte verboten werden können, für die es bereits in ausreichendem Maße geeignete Alternativen gibt, bleibt der Einweggetränkebecher derzeit noch außen vor. So sieht es die EU-Einwegkunststoffrichtlinie vor.“

Plastikmüll zu reduzieren und so die Meere und Umwelt vor einer anhaltenden Plastikflut bewahren, ist das Ziel der Richtlinie. Laut Europäischem Verbraucherzentrum Deutschland gilt das Verbot für die Produktion der zehn Einweg-Kunststoff-Artikel, die 70 Prozent des Meeresmülls ausmachen. Schaut man sich den Müll an den Stränden an, ergeben sich andere Zahlen. Die Wegwerfprodukte stehen für 50 Prozent des Abfalls, der an Stränden EU-weit eingesammelt wird, berichtete 2019 Quarks.

Ob das Verbot von Strohhalmen nun die Meere rettet, darf bezweifelt werden. Laut der Europäischen Kommission machen Strohhalme und Rührstäbchen nur ein Prozent des Einwegplastikmülls in den Meeren aus. Den größten Anteil haben Zigarettenstummel mit 22 Prozent. Plastikbesteck hat einen Anteil von vier Prozent.

Wenn man den Plastikmüll in den Meeren untersucht, stellt man fest, dass unter den Top-Verschmutzer-Nationen kein europäisches Land ist. Am meisten wirft China ins Meer. Mit großem Abstand folgen Indonesien, Philippinen und Vietnam. Rund 80 Prozent des Plastikmülls in den Meeren stammt aus Asien.

Plastik zu vermeiden, klingt erst mal gut – und scheint nicht schwer. Denn es gibt viele Alternativen. Doch nicht alle sind zu empfehlen. „Verbraucher dürfen sich nicht von Greenwashing blenden lassen“, sagt Katharina Istel vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu).

Denn Alternativen aus Bio-Kunststoffen sind zwar nicht aus Erdöl hergestellt, dafür aber schlecht kompostierbar. Papier erhöht den Druck auf die Abholzung der Wälder. Aluminium verbraucht viel Energie. Und plastikfreies Einweggeschirr aus Pappe, Palmenblättern und Zuckerrohr kann oft gesundheitsgefährdende Stoffe enthalten, warnt der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv).

Bei einem Test der Stiftung Warentest aus dem August 2019 kamen auch Bambusbecher schlecht weg. Sie seien demnach zum Einfüllen von Heißgetränken nicht geeignet, weil schädliche Stoffe entstanden. Außerdem enthielten die getesteten Becher damals nicht nur Bambus, sondern auch Kunststoff.

Katharina Istel empfiehlt, grundsätzlich auf Einwegartikel zu verzichten und ausschließlich Mehrwegbehälter zu benutzen, beispielsweise aus Polypropylen (PP), Glas oder Edelstahl. „Edelstahl muss allerdings sehr oft benutzt werden, damit es eine ökologischere Alternative ist, denn der Rohstoff verbraucht sehr viel Energie bei der Herstellung.“ Polypropylen braucht weniger Energie, ist leicht, kommt ohne Weichmacher aus und ist auch bei heißen Lebensmitteln stabil, bescheinigt die Verbraucherzentrale NRW.

Scheinbar findige Gastronomen haben Plastik-Trinkröhrchen durch essbare Varianten ersetzt - etwa Makkaroni-Nudeln oder Gräser als Trinkhalme. Letztere können mit Schimmelpilzen belastet sein und die Nudeln werden anschließend weggeschmissen, sodass auch hier die Wahl idealerweise auf einen Mehrweg-Halm fallen sollte.

Die Stiftung Warentest hat essbare Trinkhalme nun genauer unter die Lupe genommen – aus Hartweizengrieß, Reis und Tapioka sowie aus Zucker. Am meisten überzeugten die Halme auf Getreidebasis. Diese blieben in kalten Getränken relativ lange formstabil. Doch am besten für die Umwelt sind langlebige, wiederverwendbare Produkte. Etwa bruchsichere Glasröhrchen, Edelstahlhalme oder Silikonröhrchen.

Inzwischen gibt es Start-ups, die Alternativen zum Plastikgeschirr produzieren. So stellt Kulero essbare Löffel, Schüsseln, Strohhalme und Teller her.