Take it or leave it in der Höhle der Löwen - Organisator

2023-01-05 16:29:37 By : Mr. Tengyue Tao

Die fünfte Sendung der vierten Staffel von «Die Höhle der Löwen Schweiz» flimmerte am 1. November 2022 über den Sender 3+. Das erste der wiederum sechs Startups, die sich den Investorinnen und Investoren vorstellten, klang zunächst etwas nach japanischer Kampfkunst: «kiyo». In der Tat ist dieser Begriff japanisch, bedeutet aber «rein». Nando Nichele und Jeffrey Christen aus Merlischachen (SZ) haben unter diesem Namen Zahnpasta-Tabletten entwickelt. Diese zerkaut man, bürstet nachher wie gewohnt die Zähne und spült mit Wasser. Der Vorteil gegenüber herkömmlicher Zahnpasta: Es ist keine Plastikverpackung nötig, die Tabletten werden im wiederbefüllbaren Glas verkauft. Die Löwinnen und Löwen mochten das Produkt, auch die präsentierten Umsatzzahlen hörten sich ansprechend an. Von da her sollte es eigentlich realistisch sein, die geforderten 150’000 Franken gegen 12 Prozent Firmenanteile zu investieren. Doch die Löwen und die anwesende Löwin störten sich am hohen Verkaufspreis, der das Produkt zu wenig massentauglich macht. Einen Deal gab es dann schliesslich nicht.

Das ETH-Spin-off «mac4u», vertreten durch Lukas Schiller, Myriam Lingg und «Bionicman» Michel Fornasier, stellt per 3D-Druck Unterarmprothesen mit austauschbaren Teilen her. Es gibt Aufsatzteile zum Tennisspielen, Velofahren, Paddeln, fürs Fitnesscenter, etc. Interessierte können sich ihre Wunschprothese online in einem Konfigurator zusammenstellen. Eine sehr sinnvolle Sache, wie auch die Löwen konstatierten. 150’000 Franken gegen 4 Prozent Firmenanteile wollten die drei Firmengründer als Investment. Nur: Der Markt ist nicht besonders gross, auch wenn es global rund 20 Millionen Menschen gibt, die auf Unterarm-Prothesen angewiesen sind, heruntergerechnet auf die Schweiz sind es dann noch ein paar Tausend. Lukas Speiser und Jürg Schwarzenbach stiegen denn auch rasch aus. Auch Anja Graf wollte kein Angebot machen. Roland Brack offerierte dann 200’000 Franken gegen 6 Prozent Beteiligung, Bettina Hein wiederum machte eines im Umfang von 150’000 Franken gegen 5 Prozent. Die Jungunternehmer mussten sich zur Beratung zurückziehen und wollten die beiden Angebote dann mit einer Gegenofferte auf einen Nenner bringen: 300’000 Franken gegen 10 Prozent Beteiligung. Roland Brack und Bettina Hein schlugen ein, der Deal war perfekt.

150’000 Franken gegen 2,5 Prozent Firmenanteile wollte David Roegiers aus Zürich für seine Rechtsplattform «Jurata» investiert haben. «Jurata» ist eine Online-Plattform, die KMU und Privatpersonen mit Anwältinnen und Anwälten zusammenbringt. Rechtsuchende können ihren Fall online schildern, die Plattform schlägt ihnen dann passende Anwältinnen und Anwälte vor. Zudem bietet «Jurata» Rechtsprodukte wie Kündigungen, Markeneintragungen und Vertragserstellungen zu einem Fixpreis an. Hörte sich im Prinzip gut an, doch wie es halt so ist in juristischen Angelegenheiten: Der Teufel steckt in den Details. Und davon wollten die Löwinnen und Löwen viele wissen: Umsatz? Genaues Geschäftsmodell? Aussichten? Internationalisierung? USP? Gründer David Roegiers geriet arg in die Defensive und verhedderte sich zusehends in seinen Ausführungen. Das war natürlich Gift für den weiteren Verlauf. Es kam, wie es kommen musste: Kein Löwe und keine Löwin wollten einen Deal.

«Sunday Seltzer» ist ein Sprudelwasser mit Alkohol. Damit gingen die gebürtige Amerikanerin Norell Narum und Yves Heer aus Zug an den Start. Das 2020 lancierte Getränk ist aus besten Schweizer Zutaten hergestellt. In fünf Geschmackssorten und mit vier Prozent Alkohol enthält es weder Zucker noch Süssstoff und hat die Hälfte der Kalorien eines Biers. Mit «Sunday Seltzer» wollen die beiden einen Getränketrend, der in den USA bereits etabliert ist, auch in der Schweiz populär machen. Das Marktpotenzial ist riesig, man spricht von einem globalen Marktpotenzial von 10 Milliarden Franken. Doch zunächst sollen es 200’000 Franken gegen 5 Prozent Beteiligung richten. Eine erste Basis ist auch schon gelegt, denn das Schweizer Start-up hat bereits den Sprung in den Detailhandel geschafft. Über 100 Kunden sind es bereits, die Sunday Seltzer im Angebot haben. 160’000 Franken Umsatz wurden im ersten Produktionsjahr erzielt. Die Löwinnen und Löwen degustieren das Getränk und zeigen grosses Interesse. Produktionskosten von 1,05 Franken bei einem Verkaufspreis von 3,50 Franken, stetig steigende Absatzzahlen scheinen den Löwinnen und Löwen die Münder zusätzlich wässrig zu machen. Tobias Reichmuth findet die prognostizierten Umsatzzahlen – 1,2 Millionen im Jahr 2023 – sogar eher konservativ. In der Tat sind die Ambitionen von Norell und Yves gross: Nicht nur die Schweiz und Europa sollen es sein, auch Amerika soll dank Swissness erobert werden. Entsprechend beeindruckt zeigte sich Bettina Hein. Weil sie aber mehr an Technologieinvestments interessiert ist, stieg sie aus. Jürg Schwarzenbach wollte ebenfalls nicht einsteigen, für ihn schienen die Ambitionen doch zu sehr «am oberen Ende». Roland Brack, Tobias Reichmuth und Lukas Speiser sprachen sich ab, störten sich etwas an der hohen Bewertung von 4 Millionen Franken, waren dann aber gemeinsam bereit für ein Angebot von 300’000 Franken gegen 15 Prozent Beteiligung. Die beiden Jungunternehmer zogen sich zu einer kurzen Beratung zurück, auch ein Taschenrechner wurde gezückt. Denn sie wollten keine Firmenbewertung unter 3 Millionen. Heraus kam deshalb ein Gegenangebot von 300’000 Franken gegen 9 Prozent Beteiligung. Doch Lukas Speiser stellte klar: Für ihn zu tief, weil die Firma nicht genügend den Beweis erbracht hatte, das riesige Potenzial allein auszuschöpfen. Er stieg deshalb aus. Dieser Argumentation folgten dann auch Tobias Reichmuth und Roland Brack – take it or leave it, so ihre knallharte Haltung.

«Let’s match», so lautete dann die Devise von Thomas Balli, Arlinda Ismaili und Alexandra Eicher aus Zug mit ihrer Personal-Rekrutierungsplattform «mtchbx». Diese schlägt Jobsuchenden aktiv Stellen vor, die aufgrund der Ausbildung und Berufserfahrung passen könnten. Weil alle Informationen zur Person schon auf der App hinterlegt sind, kann man sich mit nur einem Swipe für eine Stelle bewerben. Ein «Tinder» für die Rekrutierung also? Mit 250’000 Franken gegen 10 Prozent Firmenanteil trat nun «mtchbx» an, um die Löwin und die Löwen zu einem Investment zu überzeugen. Auf deren erste Nachfragen gaben die drei Firmengründer/-innen dann noch ein paar nicht unerhebliche Kennzahlen bekannt: Ein Bewerberpool von 40’000, 157 ausgeschriebene Stellen, 10 bis 15 Matches pro Monat – wobei ein Match noch keine Anstellung bedeutet. «Dünkt mich wahnsinnig wenig», stellte Tobias Reichmuth fest. Und auch, wie man die App bekannter machen könnte, stellte sich noch als ein Manko heraus. Die Umsatzziele hörten sich aber ambitioniert an: 45’000 Franken seien es gegenwärtig, 350’000 wolle man per Ende 2022 mit 1000 ausgeschriebenen Stellen erreichen. 2023 sollen es 2500 Stellen werden, in zwei Jahren dann 5000, «konservativ gerechnet», so Thomas Balli. Dann folgte das Verdikt der Investoren: Bettina Hein als Löwin stieg mangels Internationalität und fehlender Skalierbarkeit schnell aus. Lukas Speiser fand die Lösung zwar interessant, wollte aber nicht investieren. Tobias Reichmuth stellte Fragezeichen hinter der Konkurrenzfähigkeit und stieg ebenfalls aus. Jürg Schwarzenbach fand die Firmenbewertung zum aktuellen Zeitpunkt «zu sportlich» und verzichtete auf ein Investment. Blieb noch Roland Brack: Er machte ein Angebot von 250’000 Franken, allerdings gegen 15 Prozent Beteiligung. Das «matchte», die drei nahmen das Angebot an.

«Two in One», so nennt sich das Sanitätsprodukt, mit dem Emin Behramaj sich in die Höhle der Löwen wagte. Seine Lösung fürs Stille Örtchen beinhaltet Toilettenpapier, Feuchttücher und Desinfektionsmittel aus einem einzigen Spender. Der Entwickler will das Produkt in Spitälern, Arztpraxen, Bürogebäuden, Schulen und der Hotellerie einsetzen. Dahinter steckt eine bewegende Geschichte, denn beim heute 53-jährigen Emin Behramaj wurde vor ein paar Jahren Morbus Wilson, eine Stoffwechselkrankheit, diagnostiziert, die eine Leber-Transplantation notwendig machte. Während seines langen Spitalaufenthalts hatte er genügend Zeit, seine Idee zu entwickeln, für deren Vermarktung und Weiterentwicklung er nun einen strategischen Partner benötigt. 150’000 Franken gegen 20 Prozent Firmenanteile lautete sein Kapitalbedarf. Tobias Reichmuth zeigte sich angetan vom Produkt, von dem Emin Behramaj allerdings noch keines verkaufen konnte, denn die Entwicklung wurde eben erst abgeschlossen. Doch mit der Preisvorstellung von knapp 70 Franken bei Herstellungskosten von etwas über 15 Franken löste er beim Löwen aber ein anerkennendes «Hm» aus. Jürg Schwarzenbach zeigte sich beeindruckt, dass der Tüftler für die gesamte Produktentwicklung und auch die Einreichung des Patents gerade mal 150’000 Franken eingesetzt hat. «Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg», räumte Emin Behramaj weitere kritische Nachfragen zu Standardisierung und Skalierung des Produkts aus dem Weg. Tobias Reichmuth räumte ein, dass auch das Marketing nochmals eine grosse Summe verschlingen dürfte. Auch wenn er das Produkt spannend fand, stieg er aus dem Bieter-Rennen aus. Anja Graf sah die Notwendigkeit eines solchen Produkts. Das Problem lag für sie aber im Design und in der Praktikabilität – «zu viele Ecken fürs Putzen» – und wollte deshalb ebenfalls nicht investieren. Jürg Schwarzenbach und Lukas Speiser verzichteten ebenfalls. Roland Brack wiederum hielt das Produkt für noch nicht ganz ausgereift, bot aber an, die Lösung ins Sortiment aufzunehmen, nachdem sie noch optimiert worden ist. Emin Behramaj muss also noch etwas weiterkämpfen – die Sympathien hat er dabei aber auf sicher.

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